Donnerstag, 3. Oktober 2013

Auslastung eines Hundes... (2)

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Meiner Meinung nach ist Wind um die Nase und Matsch an den Pfoten sehr wohl ausschlaggebend für ein glückliches Hundeleben. Man muss natürlich nicht jeden Tag 4 Stunden durch die Berge tigern, 20km joggen oder ähnliches. Aber es geht darum ein gutes Maß der Bewegung zu finden, damit der Hund sich wohlfühlt und ausgeglichen ist.

Früher habe ich oft bei dem Satz "mein Hund muss auch Ruhe vertragen können" genickt. Heute kann ich dies nur noch bedingt unterstützen. Nicht weil ein Hund ständig Action braucht und auf 180 Volt hochgefahren werden muss, damit er eine möglichst nervtötende Ballwurf-Anbell-Maschine wird. Ich nicke immer seltener bei diesem Satz, weil die meisten, die ihn nutzen, die gegenteilige Katastrophe ansteuern.
In etlichen Foren begegnet man ihnen. Den Leuten, dessen Hunde (ich schreibe nun ganz bewusst keine Rasse, weil nicht nur BC-Halter diesen Satz nutzen) "auch mal Ruhe geben müssen". Sie sagen natürlich, dass Gassigänge erfolgen und die Hunde nicht nur die 3,50m des eigenen Gartens erkunden dürfen. Die Realität ist jedoch oft (Oft! Lies genau ;)) anders.
Gerade bei Mehrhundhaltern, die bevorzugt massiv mit Tipps und Prestige um sich schmeißen, durfte ich beobachten, dass ein völlig gestresstes Rudel in einer kanonenhaften Lautstärke eher einen Garten als einen Wald sieht. Und wenn Wald, dann in kleinen Einzelgrüppchen. Die Gemeinschaft ist sonst kaum kontrollierbar. Der Geräuschpegel seitens des Hundehalters ist sehr laut und die Hunde scheinen sich dies auch angewöhnt zu haben.
Mag man gar nicht meinen, wenn man von der viel gepriesenen Ausgeglichenheit des Rudelhalters in Foren liest. Nachdem ich das nun bei einigen hochgeschätzen Hundehaltern gesehen habe nehme ich doch sehr Abstand von dieser Aussage. Ich würde eher dazu tendieren zu sagen "Natürlich können meine Hunde auch mal nur in Ruhe Zeitung lesen und schnarchen laut in ihrem Körbchen - aber ein gesundes Maß an Bewegung ist dafür Voraussetzung."

Das krasse Gegenteil gibt es dann natürlich auch. Leute, die von früh bis spät damit beschäftigt sind ihrem Hund Gutes zu tun und dabei sehr gern übersehen was sie sich da züchten. Nur ganz wenige Hunde vertragen dies wirklich gut. Untergattung der "immer viel"-Hundehalter sind dann die klassischen "ach, der muss doch so viel rennen"-Hundehalter, deren Hunde immer mehr einer dauerhaften Rennsemmel gleichen. Kaum ist die Leine ab gilt es nur noch Tempo zu machen und der Halter erfreut sich an der Lebenslustigkeit des Hundes. Aber ist das wirklich immer nur Lebenslust? Sehr oft ist es Überforderung, Stressabbau und negatives Ausgleichsverhalten.
Klaro, fast jeder Hund genießt es mal richtig über die Wiese zu fetzen oder ein sinnloses Laufspiel zu starten. Aber ein Gassigang sollte nicht aus stupidem semmeln bestehen mit Ohren auf Durchzug und immer auf der Suche nach einem neuen Horizont.
"Aber der muss doch rennen!" Ja, bestimmt. Aber auch hier sollte man schauen was Maß und Ziel bedeutet. Wichtiger als alleine durch die Gegend zu semmeln ist gemeinschaftliche ausgeglichene Bewegung mit dem Rudel/dem Hundehalter. Ich kenne eigentlich (Vorsicht, subjektiv!) keine intakten Rudel bei denen ein Hund ständig von a nach b rennt und die anderen Hunde nicht beachtet. In unruhigen Rudeln bei denen irgendwas nicht stimmt sehe ich das jedoch öfter.

Für eine gute Kommunikation im Rudel finde ich gemeinsame (!) Bewegung wahnsinnig wichtig. Ausgeglichenheit, Ruhe und Entspannung sind das Resultat. Rudel, die wenig gemeinsam Gassi gehen, habe ich oft als unruhig, streitlustig und unbalanciert empfunden. Gerade in vermeintlich eher stressigen Situationen (z.B. Futter und andere wichtige Ressourcen) kam es dann zu Konflikten. Gleiches fällt mir auf, wenn manche menschlichen Familienmitglieder nie beim Gassi dabei sind - es fehlt dann in den vielleicht kommenden Konflikten das Know-how die Situation angemessen zu lösen. Weil eben die Übung im Miteinander fehlt bauen sich Schwierigkeiten in die Alltagssituationen ein.

Summa summarum: Bewegung ist wichtig. Wie wichtig sie dem einzelnen Hund ist ist ein individueller Faktor, den es auszuloten gibt. Man kann niemandem eine Kilometeranzahl oder Stundenanzahl an die Hand geben. Wie bei uns Menschen braucht der eine mehr und der andere weniger, um seine Ausgeglichenheit zu erreichen. Und die Möglichkeit sollte man seinem Hund geben. Immer. Nicht nur an den Feiertagen ;)

1 Kommentar:

  1. Du solltest ruhig mehr schreiben, der Text ist nämlich ausgesprochen toll und spiegelt meine Erfahrungen wieder - die tollen MehrhundehalterInnen die ich dann kenne, die ja immer ach so tolle und nette Rudelbildchen posten, können nämlich in Wahrheit keinen Kilometer mit ihrer Meute gehen ... selbst erlebt, die Hunde semmeln durch den Wald, brettern in alles was nicht bei drei auf den Bäumen ist und alle zwei Minuten wird in die Pfeife getrötet, dass einem fast die Brille springt und Hunde donnern wieder von vorne los.

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